Mittelfinger an Ricky Gervais und Sophie Passmann: Die Finger Awards 2020
Wer einen Mittelfinger gezeigt bekommt, versteht dies normalerweise nicht als Lob. Anders so bei den Finger Awards, einem von Comedy-Autor Omri Marcus ins Leben gerufenen Preis. Hier wird ein Mittelfinger als Trophäe an weltweite Comedy-Aktionen mit sozialem Impact verliehen. Die erste Preisverleihung fand 2019 in London statt. Am 4. Dezember wurde der Preis nun zum zweiten Mal verliehen, diesmal per Videoschalte.
Der halbstündige Stream wurde von der britischen Comedienne und ehemaligen TV-Managerin Cally Beaton moderiert.
Der Preis wurde in vier Kategorien verliehen, darunter „Special Contribution to Comedy“. Dieser ging an Ricky Gervais für die Repräsentation und Entstigmatisierung der Themen Depression und Trauer in der Netflix-Serie „After Life“. In seiner Dankesrede spricht er darüber, dass Humor dabei hilft, über schlechte Dinge hinwegzukommen. Auch spricht er über die Frage, ob es Themen gibt, über die er keine Witze machen würde. Er vergleicht dies damit, einen Journalisten zu fragen, ob es Themen gibt, über die er nicht schreiben würde. Witze über etwas zu machen würde nicht bedeuten, über die Opfer des Themas zu lachen. Die Laudatio hat Jan Böhmermann gehalten und dabei Witze gemacht, wofür Gervais in Deutschland bekannt sei: Seinen Film „Lügen macht erfinderisch“, seine Rolle in „Nachts im Museum“ und seine Freundschaften zu David Hasselhoff und dem „Sex Offender“ Louis C.K. „The Office“ bezeichnet Böhmermann scherzhaft als britische Kopie des deutschen Originals „Stromberg“.
In den weiteren drei Kategorien wählte eine internationale Jury aus 50 Humorschaffenden zunächst 12 Finalist*innen aus den mehr als 100 Nominierungen. Aus dieser Shortlist wurden schließlich die Gewinner*innen gewählt. Zur Jury, in denen Juror*innen aus der ganzen Welt vertreten waren, gehörte auch der deutsche Comedy-Autor Thomas Rogel (u.a. heute-show, Deutsch-Les-Landes).
Einer der Preise ging dabei auch an einen deutschen Beitrag: In der Kategorie „Most Creative Comedy“ hat der Beitrag „Männerwelten“ gewonnen, ein Beitrag von Sophie Passmann, Palina Rojinski und anderen weiblichen Prominenten, in dem sie zugesandte Dickpicks und sexistische Nachrichten aus ihren Social Media Kanälen präsentierten. Der Beitrag lief im Rahmen der Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“. Sophie Passmanns Botschaft in ihrer Dankesrede: „Große Dinge können passieren, wenn mittelalte, weiße Männer sich dazu entschließen, ihren Mund zu halten.“
Ein Reclaiming eines Begriffs haben die Gewinner des Preises für „Most Effective Comedy“ erreicht. Als „Proud Boys“ bezeichneten sich zuvor rechtsextreme, neo-faschistische, männliche politische Organisationen, die für politische Gewalt standen. Der Star Trek Schauspieler George Takei hat auf Twitter dazu aufgerufen, unter dem Hashtag #proudboys LGBTQi-positive Fotos hochzuladen. Daraufhin wurde der Hashtag mit Bildern glücklicher schwuler Paare, Familienfotos etc. geflutet.
In der Kategorie „Special Covid-19“ wurde schließlich ein vietnamesischer Tanz, der „Corona Song“ ausgezeichnet. Unter dem Hashtag #GhenCoVyChallenge des „Vietnam Institute of Occupational and Environmental Health“ wurden auf TikTok in unterschiedlichen Variationen gezeigt, wie man sich die Hände wäscht und gesund durch die Pandemie kommt.
Eine Auflistung der Preisträger und Finalisten sowie ein Video der Preisverleihung gibt es hier.